Mehr Mut zum Streuverlust? Wie sich der Verlust von Third Party Cookies auf das Campaigning auswirkt

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Zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen von INTEGR8 und TRG haben wir innerhalb der MYTY Group in den letzten Monaten viel über Google’s Privacy Update, FLoC und den Verlust der Third Party Cookies nachgedacht und diskutiert.

Auch wenn sich das definitive Aus für die Third Party-Cookies nach Ankündigung von Google am 24.6.2021 doch noch einmal auf Mitte bis Ende 2023 verschiebt (Artikel im Horizont), ist eine frühzeitige Orientierung und neue Lösungsfindung von zentraler Bedeutung.

Als Agentur mit einem holistischen Angebot wollen wir uns bei The House mit den nachfolgenden Ausführungen genauer anschauen, was die Post-Cookie-Ära für das Campaigning – insbesondere die Kreation bedeutet, wie wir dem unweigerlich stattfindenden Streuverlust mit Mut begegnen und diesen künftig minimieren können.

Ebenfalls empfehlenswert sind unsere vorgängigen Ausführungen, was wir über die kommenden Entwicklungen wissen und ob uns als Marketers tatsächlich durch Google das Geschäft schwerer gemacht wird, respektive wie CMOs auf diese Veränderung reagieren können. Und was an die Stelle der Third Party Cookies tritt und wie Programmatic Advertising dank First-Party-Identifier-Lösungen auch in Zukunft möglich sein wird. Für alle, die noch nicht ganz verstehen, was da auf technischer Seite eigentlich verloren geht, ist ein Survival Guide für die Cookiepokalypse entstanden.

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Der Streuverlust durch den Wegfall von Third Party Cookie

Die grösste Sorge ist der Verlust der Genauigkeit in allen Datensätzen entlang der Customer-Journey. Die Konsequenz ist ein Streuverlust, der nicht nur Wissensverlust über Verhaltensmuster von Ziel- und Nutzergruppen, sondern auch einen Effektivitätsverlust von Kampagnen, Inhalten und Creatives sowie einen Agilitätsverlust in der kontinuierlichen Optimierung von Kampagnen auch auf der inhaltlichen Ebene bedeutet. Im Detail sind das die Faktoren, die zum Streuverlust beitragen.

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Mit dem Ende des Third Party Trackings werden einige wichtige und effektive Kampagnentaktiken wie Retargeting, Frequency Capping und plattformübergreifende Aussteuerung von Botschaften, Werbemitteln nach Click-, Interaktions- und Kaufverhalten schwieriger. Erschwert werden diesen Taktiken allerdings nur, wenn bisher einzig auf Third-Party-Cookies gesetzt wurde.

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Verlieren wir technische Möglichkeiten, wirkt sich das auch auf die Skalierbarkeit von Kampagnen aus und die Preise steigen: Das gilt besonders für die programmatische Aussteuerung von stark Performance-basierten Digitalkampagnen. Die Machine-Learning-Algorithmen im Programmatic-Bereich wie auch in den Social-Networks benötigen eben eine Vielzahl von Daten, die jetzt nicht mehr in dieser Menge, Tiefe und denselben Zusammenhängen zur Verfügung stehen.

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So fallen auch viele Echtzeit-Insights weg, mit denen man User Journeys effektiver gestalten und Kampagnen noch während sie ausgespielt werden, optimieren können. Ein besonderes Problem ist dabei die Attribution: Ohne Third-Party-Cookies werden kanalübergreifende Touchpoint-Analysen schwieriger und damit auch die Rückschlüsse von User-Informationen auf initiierte Werbe- und Kommunikationsstrategien, Kampagnen-Konzepte, Media-Einsätze und Werbemittel.

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Das alles klingt zunächst einmal verheerend. Aber ist es wirklich ganz so dramatisch?

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Braucht es jetzt Mut zum Streuverlust?

Die Antwort darauf ist Jein oder besser: Je nachdem, wen man fragt.

Ein Nein gilt für alle diejenigen Brands und Marketers, die sich aus den einzelnen Angeboten der Walled-Garden-Anbieter wie Facebook, Google oder Amazon ihren digitalen Mediamix zusammenstellen. Sie werden auch weiterhin die grossen Reichweiten der Big Player nutzen können sowie deren Ad Management Tools und Analytics. Allerdings sind sie auch weiterhin der Willkür dieser Plattformen und deren Limitationen ausgesetzt. Die eigene Verfügungsgewalt über Daten und Zielgruppen wird durch Massnahmen wie Googles Privacy Sandbox und FLoC (Federated Learning of Cohorts) weiter beschränkt werden.

Nein gilt tendenziell auch für Love-Brands und Marketers, deren Produkte und Services sich fast von allein verkaufen. Produkte oder Botschaften, die so beliebt sind, dass sie sich auf organischem Wege teilen, sind weniger auf umfassende Analysen und Anpassungen in der Kommunikationsstrategie angewiesen. Es ist hier wichtiger den eigenen Web-Auftritte auf den entscheidenden Kanälen konsistent zu pflegen und deren Daten auszuwerten, um die Needs der Zielgruppen zu verstehen und bedienen zu können und den Sales Funnel zu optimieren.

Mehr Mut zum Streuverlust brauchen alle anderen Brands und Marketers, die sich erst seitdem es ernst wird Gedanken über diese vermeintlich neue Situation machen. Mit Ja lässt sich die Frage auch für diejenigen beantworten, die jetzt grosse Teile ihrer bisherigen digitalen Vermarktungsstrategie an die neuen Gegebenheiten anpassen müssen. Ein Ja gilt auch für alle, denen die Reichweite und Verkaufsergebnisse aus den Walled-Garden-Anbietern nicht ausreichen, die sich grundsätzlich am gesamten Medienangebot bedienen wollen, weil sie einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen.

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Das Campaigning in der Post-Cookie-Welt

Wo heute Algorithmen und Machine-Learning viele Entscheidungen in Echtzeit kostengünstig und zielgenau ausgeführt haben, wird das Wissen und die Kompetenz der Ressource Mensch zukünftig wieder mehr zum Tragen kommen. Als Marketer und Agenturen werden wir in Zukunft wieder initial mehr Ressourcen, Kompetenz und Zeit verwenden, um innerhalb eines planbaren Zeitraums zu ähnlichen Ergebnissen zu kommen. Dabei ist es unsere Aufgabe das entsprechende Level an Transparenz über die neuen Zusammenhänge zu schaffen und auch die Chancen für die Kampagnenführung klar zu kommunizieren.

Bei The House gliedern wir unsere Dienstleistungen nach verschiedenen Arbeitstools und Systematiken, die dabei helfen, unterschiedliche Kampagnen-Elemente und Rollen in der Kommunikation strukturell und stringent zu konzipieren: Dazu gehören die Touchpoint-Maps, verschiedene Content-Frameworks oder Google’s Hero-Hub-Help-Modell (erweitert durch die Conversion orientierte Hook-Ebene) sowie die Zielgruppen-, respektive Audience-Segmentierung.

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In einer ersten Phase wird durch das clashen von unterschiedlichen Parametern ein ausbalancierter Masterplan an unterschiedlichen Brand Storys erstellt. In einem zweiten Schritt wird eine Brand Story in einzelne Kommunikations-Elemente, welche konkrete Use Cases bedienen, heruntergebrochen. Last but not least wird jedes Element entlang den relevanten Touchpoints aktiviert und interlinked.

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Seit Jahren entwickeln wir für unsere Kunden erfolgreiche Kommunikationsstrategien und Kampagnenkonzepte, die auf datenbasierten Insights und mit einem holistischem Strategie-Approach die Welten Kreation, Content, Media und Technologie miteinander vereinen, weil das eine ohne das andere das Potential für den Erfolg einfach nicht ausschöpft.

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/ Andreas Jorgella, The House /

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Idealerweise sieht eine Kampagnenplanung dann so aus:

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Vor dem eigentlichen Campaigning sind Strategie, Konzeption und Kreation angesiedelt. Hier wird eine starke kommunikative Klammer – die Kampagnenidee – gesetzt, die für die massgeblichen Zielgruppen funktioniert, die Kernbotschaft transportiert und für alle Kanäle sinngemäss adaptiert werden kann. Eine gute Idee ist immer kanalneutral und lässt sich über alle Medien und Formate entsprechend übertragen und inszenieren.

2.

Vor dem Start der Kampagne sollte dann auch der Fokus auf kontrollierte und strukturierte Trials, Pilotprojekte und A/B-Tests gelegt werden. Hierdurch werden die Idee und deren Implementation getestet, was Rückschlüsse auf die visuelle und inhaltliche Kreation, die Formate, das Media-Umfeld und gegebenenfalls auch die technische Ausspielung zulässt. Auch die Marktforschung nimmt künftig wieder einen grösseren Stellenwert ein, da sie uns Insights in den Kontext und das Momentum von ähnlich gearteten Produkten und Botschaften liefert.

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Als zeitliche Gliederung dienen die Phasen einer klassischen Customer Journey: Zunächst stimulieren wir Nutzer, welche noch nicht mit Marke, Produkt oder Dienstleistung in Berührung gekommen sind (Awareness) und reaktivieren ihre Bekanntheit für solche, die sie schon kennen. In der nächsten Phase wollen wir den Nutzen kommunizieren und Interaktion mit der Marke schaffen (Consideration und Engagement). Als letzte Phase setzen wir dann zur Aktivierung mittels Kaufbotschaft an und pushen diese über gezielte Mehrwert-Kommunikation oder Promotions.

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Haben wir diese Phasen als Kampagnen-Architektur erstmal inhaltlich den Aufgaben zugeordnet und deren Rolle definiert, wird auch das Channel Planning deutlich einfacher und effektiver für den eigentlichen Transport der jeweiligen Kernbotschaften in den einzelnen Phasen. Das ist keine Customer-Journey in Echtzeit, aber ein mächtiger konzeptueller Prozess, der anhand einer Zeitachse das Campaigning planbarer macht und die verschiedenen Präsenzen und Touchpoints optimal miteinander verzahnt.

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Die Perspektive: First Party Alliances statt Third Party Cookies

Eine fruchtvolle Perspektive für Kampagnen ohne die technische Power von Third Party Cookies im Hintergrund sind grosse Massnahmen oder Mediakooperationen, die sich als dedizierte Kanalkonzepte umsetzen lassen. Nutzen wir die Netzwerke von Medienpartnern, greifen wir auf deren First Party Beziehungen zurück.

Medienverbünde wie die TX-Group oder Ringier sammeln ihre eigenen Daten, erheben soziodemografische und psychografische Merkmale und stellen diese zur Verfügung. Je genauer wir vorher wissen, bei welchen Partnern wir welche Botschaften senden wollen, desto eher kommt es auch zu einem strategischen Fit. Dasselbe gilt auch für Facebook und Instagram: Wenn wir durchdacht haben, wen wir wie ansprechen wollen, investieren wir anschliessend weniger Geld in die Echtzeitaussteuerung und Optimierung von Kampagneninhalten. Andererseits profitieren wir dank technischer Vernetzung weiterhin von den Zielgruppen-Insights dieser Kanäle und können diese in späteren Phasen der Kampagne konkret anwenden.

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Auf diese Weise lässt sich auch in Zukunft Streuverlust vermeiden: Mit mehr Plan und starken Ideen mit starken Partnern. Dabei steht es uns frei, zukünftige Targeting- und Identifier-Lösungen und probabilistische Methoden zu nutzen, um unsere Kampagnen zu optimieren und reaktionsstark zu bleiben.

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Fazit: Unsere Learnings fürs Campaigning der Zukunft

Vor dem Hintergrund gesetzlicher Vorgaben wie der DSGVO wird Privatsphäre von Nutzerinnen immer weiter in den Mittelpunkt gerückt. Die grossen Plattformen und Netzwerke müssen Lösungen finden, wie sie diese gewährleisten können. Das Google Privacy Update und das Ende der Third Party Cookies sind ein weiterer Schritt in diese Richtung und das finden wir gut. Und als kreative Marketers freut uns auch, dass die KI jetzt zwar immer noch mit am Tisch sitzt, das Gewicht von guter Planung, kreativen Ideen und menschlichem Lern- und Antizipationsvermögen wieder zunimmt.

Es ist aber auch klar, dass die kommenden Jahre viel Agilität von uns fordern werden, regelmässiges Umdenken und das Adaptieren von neuen (sowie das Verwerfen von alten) technischen Lösungen. Wer jetzt gerne aktiv werden möchte, dem empfehlen wir schon einmal tiefer in die folgenden Themenbereiche einzusteigen. Alle diese Aspekte sind geeignet, um Campaigning in der Post-Cookie-Ära effektiver zu denken und zu gestalten:

  • Landing Pages: Ein immer wichtigerer Kern von Marketingaktivitäten werden Landing Pages und deren Aufbau für Lead-Capturing. Sie sind nicht nur am Ende des Funnels angesiedelt und massgeblich an Conversions beteiligt, sondern eben auch am so wichtigen Generieren von First Party Daten.

  • E-Mail-Marketing: In Verbindung mit dem verstärkten Fokus auf Landing Pages ist ein bewussterer und konsequenterer Einsatz von E-Mail-Marketing ebenso eine Konsequenz für die Post-Cookie-Welt. Zum einen, weil der Kontakt direkter, das Opt-In freiwilliger und das Interesse grösser ist, zum anderen, weil die Qualität der erhobenen Daten beim E-Mail-Marketing sehr hoch und diese damit sehr aufschlussreich sind.

  • Testing: Da wir nicht mehr so gut Attribuieren und Retargeten können, sollten wir in Testings vorher überprüfen welche Benefits, Add-Ons und Trigger sich optimal auf die Conversions auswirken.

  • Content speziell für Segmente: Content sollte passend zum primären Identifikationsparameter und Kanal erstellt und gespielt werden. Authentizität ist hier entscheidend: Jemand, der sich für den Newsletter anmeldet, will anders angesprochen werden und hat andere Bedürfnisse als jemand, der einer Facebookseite folgt.

  • Branded Content: Nicht nur in den sozialen Medien eignen sich Branded-Content-Massnahmen. Branded-Sponsorings in nutzerstarken Medienumfeldern und Online-Events (wie beispielsweise die extrem erfolgreichen Events im Online Game Fortnite) sind effektive Massnahmen für die Awareness-Phase bei gleichzeitiger Aktivierung der Nutzer für Engagement oder auch spontane Action und Sales. In den Bereich des Branded Contents gehören auch langfristige Medienkooperationen mit Publishern und Netzwerken.

  • Integration von Social Media: Wer die Vernetzung vom eigenen Kanal zum Social Media Auftritt schafft, profitiert dann nämlich wieder von den Retargeting- und Analytics-Möglichkeiten des Social-Media-Kanals.